Juchhu, sie läuft und ich habe heute genüßlich die erste Tankfüllung abgefackelt - aber der Reihe nach, vielleicht hilft es dem ein oder anderen bei der Entscheidungsfindung für oder gegen eine 550er.
Ich hatte vorher noch nie einen 3-Zyl. Zweitakter gefahren und meine Yamaha RD Erinnerungen liegen doch schon 35 Jahre zurück........immerhin waren sie so markant, dass der Wunschtraum, mal eine dieser 3 Zyl.-"Raketen" zu besitzen - vorzugsweise eine Mach III - nie aus dem Kopf ging. Die Vernunft führte die Entscheidung vor fast 2 Jahren dann aber in Richtung GT550, die mir optisch sehr gut gefällt. Nach längerer Restaurationsuntätigkeit habe ich im Herbst zum Großangriff geblasen, die Kiste bis auf die letzte Schraube zerlegt und wieder aufgebaut - optisch sicher nicht perfekt, aber technisch ganz ordentlich, wie ich meine.
Also heute war die erneute Jungfernfahrt meiner 73er 550K nach über 30 Jahren Dornrößchenschlaf. Schnell ein Kurzzeitkennzeichen besorgt, alle Schrauben nochmal nachgesehen und los gings. Die ersten 2 KM eine Riesenrauchfahne hinter mir und ich hatte schon Bedenken, dass mich die Autofahrer beschimpfen und irgendwas mit der Ölversorgung, Simmeringen oder sonstwas nicht i.O. ist.......war aber offensichtlich nur das angesammelte Öl aus dem KW Gehäuse.
Nach heutigen Maßstäben ist die Leistung der 550er bescheiden und bleibt hinter meinen Erwartungen zurück. Von den im Brief eingetragenen 175 km/h bin ich noch ein gutes Stück entfernt. Aber selbst wenn die Gutste 20 oder 30 PS mehr hätte, würde mich das wohl auch nicht besonders beeindrucken. Gegen meine aktuelle 1200er V2 ist das alles irgendwie nix, das muss man wohl einfach so akzeptieren.
Der Motor sprang sofort an, Leerlauf superstabil, schöner runder Motorlauf und bereits ab sehr tiefen Drehzahlen (2000 U/min) gut fahrbar. Im Stand schüttelt das Ding ganz ordentlich (noch nicht korrekt eingestellt ?!) und ohne die Gummilager würde es sicher auch für den Fahrer ungemütlich. Im Fahrbetrieb läuft der Motor samtweich, kaum Vibrationen spürbar, wenig mechanische Geräusche, kein Teillastruckeln in keinem Drehzahlbereich.......wirklich super zu fahren mit wenig Drehzahl und geringer Geräuschentwicklung. Wenn du dann aufs Gas gehst.....8o 8o......was da aus der Airbox kommt, hat Suchtfaktor. Das Gerät klingt wie ein Düsenjäger, beschleunigt zwar nur moderat, aber die Dosenfahrer machen gleich ehrfürchtig Platz . DER Sound ist ein Fest für die Ohren und wird von jedermann wahrgenommen.
Trotz Doppelscheibe und GT750 Bremspumpe mit Spiegler-Stahlflex forderte die Bremse zunächst eine zupackende Hand. Als Einfingerbremser, der die Hinterradbremse normalerweise wenig zum Einsatz bringt, war das erst etwas gewöhnungsbedürftig.
Dann die wirkliche Überraschung - das Fahrwerk !! Im Stand merkt man, dass die GT550 ein ziemlicher Brocken ist, ein Eisenschwein. Einmal in Bewegung ist davon nichts mehr zu spüren. Mit den Fahrradreifen biegt die 550er recht agil um die Ecken und Spitzkehren machen Spaß mit diesem "Sporttourer". Ich bin dann 150 KM über sämtliche Hausstrecken (Landstraßen 3. Ordnung = "Wellblechpisten") gebrettert und die GT steckt das einwandfrei weg, da wackelt nix, da schlägt kein Lenker - super !!!
Ok, ich habe neue Ikons drin, Bronzebuchsen in der Schwinge, Kegelrollenlager im Lenkkopf und die Pilot Aktiv Reifen haben sicher auch ihren Anteil - also das normale Programm. Aber ich war schon platt, wie unbeeindruckt die 550er selbst bei Vollgas im 5. Gang über diese Landstrassen bügelt, ich hatte mich auf weitaus Schlimmeres eingestellt.
Dadurch bedingt viel die Gangart der ersten Fahrt deutlich zügiger aus als erwartet und die Drehzahlen bewegten sich, obwohl ich mich eigentlich erst langsam an den richtigen Vergasersetup rantasten wollte, häufig irgendwo bei 7000. Spritverbrauch war dann auch 9,2 L / 100 KM, müßte bei gemäßigter Fahrweise aber in den Bereich von 7-8 L zu bringen sein. Nach Ende dieser ersten Tankfüllung hatte auch die Vorderradbremse spürbar mehr Biss, sodass ich auf 2-Finger umstellen konnte.
Fazit:
Die 550K ist sicher keine Rakete, die Performance des Motors bleibt deutlich hinter seinem Sound zurück, aber er springt zuverlässig an, läuft in jedem Drehzahlbereich wunderschön leise und samtig, untenrum und in der Mitte kräftig, obenrum deutlich angestrengter, produziert keine Rauchwolken.
Die 550er ist aber auch nicht der behäbige Tourer, wie manchmal in der Fachpresse dargestellt. Einer allzu ambitionierten Fahrweise setzt der Hauptständer ein Ende, der links gleich an mehreren Stellen aufsetzte. Insgesamt kann man mit der GT550 aber recht flott unterwegs sein ohne Schweißausbrüche zu bekommen, da das Fahrwerk und die (Doppel-)Scheibenbremse für das Baujahr abolut super sind, der Motor muss halt immer bei Laune gehalten werden und geht (momentan) nur bis Tacho 120-130 gut, für 150 braucht es einen längeren Anlauf. Wär mal interessant zu erfahren, ob das bei euren 550igern (K & M) auch so ist.
Sieht jedenfalls so aus, als ob wir Freunde werden und ich freue mich schon auf die kommenden Ausfahrten - war ein einmaliges Erlebnis heute.
Gruß,
Ebi
P.S.: Bin dann anschliessend gleich zum TÜV, die HU hat genau 3 Min gedauert, gab nix zu bemängeln. Meine TÜV Zertifikate für IKONs und Stahlflex wollte auch keiner sehen.....also hab ich sie stecken lassen .