Beiträge von fourfever

    Hier nochmal ein Nachtrag zum Thema Dämpfung in der Gabel.


    Viele klassische Gabeln haben einen Dämpferkolben mit zwei kleinen und einer oder manchmal zwei großen Bohrungen (siehe Bild), der am Tauchrohrboden angeschraubt ist. Der Konus links ist der hydraulische Druckanschlag (Eintauchen) und die Feder rechts ist der mechanische Zuganschlag (Ausfedern). In der Mitte sitzt der Ventilring, der im Standrohr durch eine Hülse fixiert ist.


    Die Dämpfung wird im Wesentlichen durch die Bohrungen erzeugt. Beim Eintauchen wird das Öl durch die untere große Bohrung gedrückt und dabei öffnet sich der Ventilring, damit kein Öl durch die kleinen Bohrungen gesaugt werden muß. Große Bohrung = geringe Dämpfung.


    Beim Ausfahren schließt der Ventilring und das eingeschlossene Öl wird durch die kleinen Bohrungen gedrückt. Da der Durchflußwiderstand der kleinen Bohrungen sehr hoch ist, ist die Zugdämpfungskonstante etwa 3-4mal so hoch wie die Druckdämpfungskonstante.


    Interessant ist aber, dass sowohl beim Eintauchen als auch bei Ausfahren das Öl mit einer Geschwindigkeit von 20-40 m/s durch die Bohrungen jagt. Das wird dann sicher turbulent.


    Gruß
    Rainer

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    Wie hoch waren denn die Gesamtkosten (Material inclusive Kauf der Maschine) der Restauration?
    Die Arbeitsstunden sollten wir dabei nicht rechnen, da diese Arbeit ja in der Regel als Hobby gesehen wird.


    Danke für ein offene Antwort.


    Gruß
    Rainer

    http://www.ebay.de/itm/Suzuki-GT550-Teil...=item4d032848e0


    Die sieht zumindest optisch mal nicht schlecht aus, obwohl es die Lackierung original nur beim ersten 72er Modell so gab und man den Motor vermutlich überholen muss.


    Gruß,
    Ebi


    Hallo Ebi,
    danke für den Tipp.
    Habe mit dem Eigentümer schon gesprochen.
    Zwei Jahre wurde geschraubt und jetzt ist dann doch noch die Kupplung (Druckstange?) kaputt gegangen. Fehler unklar. Sieht in der tat nicht schlecht aus, aber der Mindestpreis ist mir bei meinem aktuellen Kenntnisstand über die Maschine zu hoch.


    Gruß
    Rainer

    Hallo Ebi,


    besten Dank für die geduldige Diskussion.


    Bisher habe ich eine Honda CB500Four (1975) und eine Yamaha XS650 (1977) restauriert und technisch sauber auf die Strasse gestellt. Als Ergänzung zu Vierzylinder- und Zweizylinder-Viertakt suche ich jetzt eine Dreizylinder-Zweitakt, um auch diese Modelle näher kennenzulernen. Ich denke eine GT550, die eine Überarbeitung/Restaurierung benötigt, ist genau das Richtige für mich. Von den schweren Maschinen habe ich mich verabschiedet, 500-600ccm sind für den Fahrspaß genug.


    Vielleicht finde ich jemanden, bei dem die Garage zu eng geworden ist und der eine möglichst unverbastelte Suzuki GT550 in verantwortungsvolle Schrauberhände abgeben will.


    Über Hinweise würde ich mich freuen.


    Gruß
    Rainer

    Zunächst einmal finde ich es gut, dass wir auf einem qualifizierten Niveau das Thema beleuchten, auch wenn es den Rahmen der normalen Themen im Forum eigentlich sprengt.


    Nun einige Bemerkungen von meiner Seite:
    Zugegeben, bei den klassischen Bikes ist es nicht ganz einfach die Temperatur des Gabelöls nach oben zu treiben. Bei modernen Motorrädern wie z.B. der BMW GS Serie, bei denen die Gabel richtig Hub macht und wirklich dämpft (also Schwingungsenergie in Wärme umwandelt), werden bei dynamischer Fahrt durchaus Temperaturen bis 50°C gemessen. In Italien bei 36°C in der Sonne kann man das vielleicht auch mit einem klassischen Bike hinbekommen.


    Die dargestellten gedämpften Schwingungen gefallen mir auch sehr gut, die kann man natürlich leichter interpretieren. Diese klassische Art der Analyse wird auch bei uns gemacht aber die Aussagekraft ist zu gering, da hier nur die Reaktion auf ein Ereignis dargestellt wird. Aus solchen Abklingkurven kann man natürlich auch eine Dämpfungskonstante k ermitteln, aber vom Gesamtsystem.


    Real muß das Motorrad mit einer Vielzahl von Bodensignalen und mit dem Eingriffen des Fahrers fertig werden und deshalb berücksichtigt man bei Fahrwerksauslegungen gerne das ganze Spektrum an Frequenzen und Amplituden, das in dem Bodenbelag z.B. der Autobahn steckt.


    Rechengrundlage bei meinem Fahrsicherheits/Fahrkomfort Diagramm ist natürlich auch das Modell eines Zweimassenschwingers mit Radmasse, Aufbaumasse, Reifenfeder, Gabelfeder und Gabeldämpfung. Die Anregungen ist in dem Beispiel allerdings das Spektrum einer mittelguten Bundesstrasse.


    Fazit der Berechnung: Fahrdynamisch sollte eine Gabelfeder möglichst weich sein und die Dämpfungskonstante der Gabel nicht zu gering (Ausfedern langsamer als Einfedern).


    Übrigens: Je schwerer der Fahrer, je besser ist der Komfort und je geringer sind die Radlastschwankungen.


    Darum gehe ich jetzt was essen und hoffe, diese Theorie-Kost ist nicht zu schwer verdaulich.


    Ich wünsche einen schönen Sonntag und viel Freude bei der Ausfahrt mit der GT550, egal welche spektrale Unebenheitsdichte die Strassse nun hat.


    Gruß
    Rainer

    Es gibt in der Natur eigentlich selten laminare Strömungen, die meisten sind turbulent. Das dürfte auch für die Strömungen in der Gabel bei schneller Bewegung gelten. Dann gilt theoretisch die Formel mit der Dichte als eine relevante Größe für den Druckabfall am Dämpfer. Wäre die Viskosität die entscheidende Größe, gäbe es starke Veränderung der Gabeldämpfung z.B. bei dynamischer Fahrt auf welligem Gelände. Bei Temperaturerhöhung des Öls fällt die Viskosität nämlich stark ab (siehe Bild Doc2).


    Es gibt natürlich viele Methoden, die dynamischen Eigenschaften einer Gabel zu vermessen. Für die Dämpfkraftkurve nimmt man üblicherweise die Muscheldiagramme, die die Dämpfkräfte bei einer sinusförmigen Schwingung um eine Nulllage herum bei verschiedenen Geschwindigkeitsamplituden aufzeichnen. Daraus kann man dann sehr leicht die Grafik Doc1 ableiten und die Dämpfungskonstanten für Zug und Druck ermitteln. Für die dargestellte Gabel liegt übrigends die maximale Ausfahrgeschwindigkeit in Zugrichtung bei 0,47 m/s und man kann die Dämpfkraft aus dem Diagramm ablesen.


    Eine Analyse der fahrdynamischen Eigenschaften der Gabel für eine mittelgute Bundesstraße bei ca 80kmh zeigt die Grafik Doc3. Hier sind für verschiedene Gesamtfedersteifigkeiten c2 und Dämpfungskonstanten k einer Honda-CB500Four-Gabel der Komfort (Schwingstärke) und die Sicherheit (Radlastschwankung) dargestellt. Es zeigt sich, dass sich bei kleiner Federsteifigkeit und k=1200Ns/m ein gewisses Optimum einstellt.


    In jedem Fall kann man sehr gut sehen, dass eine zu geringe Dämpfung die Radlastschwankungen anwachsen lässt. Das hast Du ja auch beobachtet bzw. gefühlt.


    Viel Spaß beim Studium der Diagramme. Freue mich auf kritische aber konstruktive Kommentare.
    Rainer

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    Ähnliche Rückmeldungen bezüglich verschiedener Viskosität habe ich auch schon von anderen Fahrern gehört und das bestätigt eigentlich Messungen, die bei Hubgeschwindigkeiten über 0,2 m/s kaum einen Einfluss der Viskosität auf die Dämpfkräfte erkennen lassen. Offensichtlich werden bereits bei diesen Stellgeschwindigkeiten Volumenströme erreicht, die in Blenden und Drosselstellen zusammen mehr turbulenten Charakter haben und damit die Druckdifferenz über das Dämpferventil nicht von der Viskosität sondern von der Dichte abhängt (Physik).


    Bei Stellgeschwindigkeiten kleiner 0,1 m/s kann der laminare Charakter der Ventilströmung überwiegen und dann spielt die Viskosität des Öls schon eine wesentliche Rolle. In diesem Bereich sind die Dämpfkräfte allerdings so niedrig, dass sie mit den Reibkräften in der Gabel vergleichbar sind.


    Bei den technischen Gegebenheiten der klassischen Gabeln scheint mir die Bedeutung der Viskosität für das Fahrverhalten durch die Zubehörindustrie zu hoch aufgehängt. Wenn man zusätzlich bedenkt, dass die Viskosität mit zunehmender Öltemperatur extrem stark abfällt, dann kommen mir doch erhebliche Zweifel an der zum Teil engagierten und gut gemeinten Diskussion um die „richtige“ Viskosität des Gabelöls.


    Gruß
    Rainer

    Zunächst zur Frage: wie gemessen?
    Wir haben dafür Prüfstände (siehe Bild). Der Gabelholm wird eingesetzt und dann werden verschiedene Hubgeschwindigkeiten um eine bestimmte Nullage herum gefahren. Die Geschwindigkeiten fangen bei 0,1m/s an und gehen bis 1m/s hoch. Macht man die Messung unter gleichen Bedingungen mit 05er Öl und mit 15er Öl, dann kann man die Dämpfkräfte sehr gut vergleichen.



    Das Hauptproblem der Telegabel in den klassischen Bikes ist aus meiner Sicht nicht das Öl, sondern die Reibungskräfte, die durch verspannten Einbau recht hoch werden können und dann das Fahrverhalten negativ beeinflussen (schlechter Komfort, schlechtes Ansprechverhalten usw.). Oft sind auch zu harte Federn aus dem Zubehör verbaut.


    Jetzt zum Thema: Dämpfung der Zugstufe zu gering.
    Hier interessiert mich wirklich, wie sich das beim Fahren bemerkbar macht. Da ich kein Versuchsfahrer bin, fehlt mir hier die Erfahrung.


    Sorry, dass ich mit dem Status "Grünschnabel" hier so tief in das Thema einsteige. Eigentlich will ich ja mehr über die GTs erfahren und die Welt der Zweitakter kennenlernen.


    Gruß
    Rainer

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    Hallo Zweitaktfreunde,


    bisher habe ich mich mit den Viertaktfahrzeugen Honda CB500 Four und Yamaha XS650 beschäftigt und bisher viel Freude daran. Jetzt würde ich mir gerne einen Zweitakter mit drei Zylindern zulegen, bin mir aber nicht sicher, bei welchem der Modelle GT750 oder GT550 die Versorgung mit Ersatzteilen und technischen Informationen besser ist. Gibt es da für einen ambitionierten Schrauber mit Freude an klassischen Motorrädern aus den 70er Jahren eine generelle Empfehlung aus dem Kreis der Experten?


    Danke für Ratschläge.


    Gruß
    Rainer

    Zum Thema Viskosität entspannt vielleicht dieser Hinweis:
    Ich habe vor einiger Zeit eine klassische Federgabel mit 05er und 15er Gabelöl befüllt und die Dämpfkräfte in Zug- und in Druckrichtung gemessen und verglichen. Da kann man keinen Unterschied in den Kennlinien feststellen. Das gilt auch für den Sprung auf das 20er Öl. Die klassischen Gabelen der 70er Jahre sind offensichtlich so konstruiert, dass die Dämpfkräfte nicht von der Viskosität abhängen und damit ist vorteilhafterweise die Dämpfkraft der Gabel auch nicht von der Temperatur abhängig. Der Einfluß der Dichte des Öls ist allerdings hoch.


    Frage an Ebi: Wie stellt man den fest, dass die Dämpfung der Zugstufe zu gering ist?


    Gruß
    Rainer